Stefan Nachtwey (Familienplanungszentrum Berlin) im Interview mit ZeitJung:
Wie läuft ein solches Beratungsgespräch ab?
Per Gesetz muss immer Pro-Leben beraten werden, das heißt in Richtung der Austragung des Kindes. Natürlich müssen die Träger gleichzeitig neutral bleiben. Wie die Berater*innen mit diesem schwierigen Spagat umgehen, hängt immer von der beratenden Person ab. Prinzipiell verlaufen die Gespräche sehr individuell. Sie können 5 Minuten oder bis zu 2 Stunden dauern. Folgetermine können auf Wunsch wahrgenommen werden. Am Ende der Sitzung erhält die Frau einen Beratungsschein, den sie zum Eingriff vorlegen muss. Grundsätzlich gilt: Wer berät darf den Schwangerschaftsabbruch nicht durchführen. Beide Termine müssen in zwei unterschiedlichen Einrichtungen stattfinden.
Wie finde ich einen Arzt/ eine Ärztin, die Schwangerschaftsabbrüche durchführt?
Sich im Internet zu informieren ist schwierig, weil es verboten ist, diese Informationen auf seinen Webseiten zu veröffentlichen. Bei den Beratungsstellen erhalten Frauen theoretisch eine Liste mit allen Ärzt*innen, die solche Eingriffe durchführen. Diese Listen sind meist sehr individuell und können in der Auswahl stark schwanken. Da ist es fraglich, ob mit dieser Liste die Informationsfreiheit gewährleistet bleibt. Momentan wird eine umfassende Liste vom Senat überarbeitet, jedoch ist noch unklar, wann diese veröffentlicht wird. Grundlegend ist es sehr hilfreich, wenn ein gutes Vertrauensverhältnis zwischen Patientin und Frauenärzt*in besteht. Dann kann diese*r oft schon weiterhelfen.
Was genau gilt als Werbung für einen Schwangerschaftsabbruch?
Unsere Einrichtung zum Beispiel gibt Informationen auf unserer Webseite, dass wir die Eingriffe durchführen und welche Methoden zur Verfügung stellen, veröffentlichen aber keine Preise. Für solche Angaben wurde ich auch schon angezeigt, glücklicherweise wurde das Verfahren eingestellt. Das Problem ist, dass Informationen und Werbung fließend in einander übergehen. Außerdem verbietet der §219a das Anbieten „eines Vermögensvorteils wegen“ oder „in grob anstößiger Weise“. Wie genau man sich das vorstellen kann, ist gesetzlich nicht geregelt. Deshalb besteht auch die Möglichkeit, Ärzt*innen immer wieder anzuzeigen, da der Interpretationsspielraum sehr groß ist. Eigentlich ist §219a nicht notwendig. Ärzt*innen haben ohnehin durch die Berufsordnung bereits Restriktionen, die das Anbieten von bestimmten Leistungen einschränken. Dafür ist kein Strafgesetzbuch notwendig.
Wie wird ein Schwangerschaftsabbruch durchgeführt?
Es gibt die operative und die medikamentöse Methode. Dafür sind jeweils drei Termine notwendig. Beim ersten Termin findet eine Voruntersuchung mit Aufklärungsgespräch statt. Entscheidet sich die Frau für die OP, erfolgt beim zweiten Termin der Eingriff. Dieser kann in lokaler Anästhesie oder in Vollnarkose erfolgen. Zunächst wird bei Bedarf ein muttermundweitendes Medikament in die Vagina eingeführt und daraufhin das Schwangerschaftsgewebe unter Ultraschallkontrolle abgesaugt. Der letzte Termin ist die Nachkontrolle.
Bei der rein medikamentösen Methode wird beim ersten Termin zusätzlich zu den Gesprächen ein Medikament gegeben, das die Wirkung des Schwangerschaftshormons Progesteron aufhebt und die Schwangerschaft abbricht. Am zweiten Tag wird wieder das muttermundweitendes Medikament in die Vagina eingeführt. Auch bei diesem Verfahren erfolgt ein dritter Termin zur Kontrolluntersuchung.
Mehr zu den Methoden eines Schwangerschaftsabbruchs findet ihr auch →hier.