Positionierung zur Kritik

Die Arbeit unserer AG stößt auf viel Gegenwind.
Regelmäßig müssen wir unseren Einsatz zur Legalisierung und Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruches vor Kritiker*innen inner- und außerhalb der Charité rechtfertigen. Dabei begegnen wir auf der einen Seite unberechtigten Vorwürfen und Unwahrheiten insbesondere von der Anti-Choice Bewegung, auf der anderen Seite sehen wir uns aber auch mit berechtigter Kritik von Menschen, die unsere Arbeit kritisch und aus einem intersektionellen Ansatz reflektieren, konfrontiert.
Im Folgenden wollen wir auf häufige Kritikpunkte eingehen und unsere Arbeit reflektieren.

Margaret Sanger – White Supremacy of ProChoice – Unsere Position

Den Msfc ist der Umstand der Pro-Choice Entstehungsgeschichte und dessen Fokus auf die Sicherung der Rechte von überwiegend weißen Frauen bekannt. Wir betrachten die Pro-Choice Tradition im Sinne einer eugenischen und rassistischen Haltung zur Sicherung der „weißen Vorherrschaft“ als verwerflich und distanzieren uns klar von diesen Ansichten.

Margaret Sanger selbst gilt als Vorreiterin und Begründerin der ProChoice Bewegung. Bei näherer Betrachtung ihrer Arbeit zeigt sich jedoch eine klare Nähe zu Eugenikern und rassistischen Vereinigungen wie dem Ku-Klux-Klan. Dies sehen wir als klaren Widerspruch zu dem Pro-Choice Gedanken als Menschenrecht. Auch ihre Befürwortung zur Zwangssterilisation von vermeintlich „Untauglichen“ erkennen wir als großes Problem an.

Die Msfc sehen es als unabdingbar sich von solch rassistischen Haltungen klar abzugrenzen. Reproduktive Rechte sind die Rechte aller Menschen. Eine Exklusion von Personengruppen aufgrund ihrer Ethnizität, körperlicher Einschränkungen, sexueller Orientierung oder anderen Merkmalen tolerieren wir nicht.

Als moderne Pro-Choice-Verfechter*innen sehen wir unsere Verantwortung darin mit dieser Tradition zu brechen und für eine inklusive und antirassistische Pro-Choice-Bewegung zu kämpfen, denn reproduktive Rechte für einen exklusiven Teil der Gesellschaft ist keine reproduktive Gerechtigkeit.

Queer und Schwanger(schaftsabbruch)

Auch wenn der Fokus unserer Arbeit nicht auf queeren Themen bezüglich Schwangerschaft und Schwangerschaftsabbruch liegt, wollen auch wir anerkennen, dass wir Queer-Rights im Rahmen der Geburtsmedizin bisher nicht genügend Raum gegeben haben.

Inter, Trans und queere* Menschen können schwanger werden und gebähren, auch wenn viele Menschen und so auch Medizinerinnen das nicht anerkennen. In unseren Forderungen kämpfen wir für die reproduktiven Rechte aller gebährfähigen Menschen und wollen einmal gesondert bemerken, dass gerade inter, trans* und queere* Personen in besonderer Hinsicht und auf mehreren Ebenen bei einer ungewollten Schwangerschaft stigmatisiert werden.

Wir selber bedauern die geringe Repräsentativität von queeren Personen in unserer AG und versuchen über eine gute Vernetzung zu anderen AGs und die Belegung und Beteiligung an diversen Weiterbildungen zu Queer-Themen sowohl gutes Allyship pflegen als auch unseren eigenen Erfahrungshintergrund zu reflektieren. Für weitere Vorschläge, Initiativen, Kooperationen sind wir offen und hoffen für die Zukunft einen intersektionelleren Ansatz gestalten zu können!

Inter* / Trans* / Queer* People Welcome!

Im VORLIEGENDEN Text haben wir anlehnend an das Policy Paper „Queer und Schwanger“ (Ska Salden und das Netwerk queere Schwangerschaften) Inter* und Trans* Personen hervorgehoben, da diese in besonderer Form von einer strukturellen Benachteiligung in der Medizin betroffen sind. Der Sammelbegriff Queer dient hier um alle anderen Menschen die aufgrund ihrer sexuellen Identität und/oder sexuellen Orientierung diskriminiert werden, zusammenzufassen

Klicke hier für das Policy Paper „Queer und Schwanger“

Kritik am „Papaya-Workshop“

Jedes Semester veranstalten wir im Rahmen unserer Kritik zur Lehre zum Schwangerschaftsabbruch einen sogenannten Papaya Workshop. Hierbei laden wir Medizinstudierende ein und geben ihnen eine theoretische Einführung zum Schwangerschaftsabbruch, sowie zu den anatomischen Grundlagen der weiblichen Geschlechtsorgane. Anschließend dürfen die Teilnehmer*innen an einer Papaya selbst tätig werden und üben den chirurgischen Eingriff unter der Aufsicht von ausgebildeten Gynäkolog*innen, die den Eingriff praktizieren.

Wozu der Workshop, das kommt doch in der fachärztlichen Ausbildung dran?

Nein, tatsächlich ist der Schwangerschaftsabbruch kein fester Bestandteil der gynäkologischen fachärztlichen Ausbildung. Pflichtbestandteil sind sogenannte Plazentaausschabungen die aber auch anderweitig durchgeführt werden.
Des Weiteren dürfen in Deutschland alle approbierten Ärzt*innen jeder Facharztrichtung einen Schwangerschaftsabbruch praktizieren, somit könnte zum Beispiel auch eine Fachärztin für Allgemeinmedizin in ihrer Praxis oder in einem Familienplanungszentrum den Eingriff anbieten.
Uns ist natürlich klar, dass man nach einer einmaligen praktischen Übung nicht befähigt ist, den Eingriff “in echt” durchzuführen. Dies wird in unserem Workshop auch in keinster Weise vermittelt. Dennoch kann durch die praktische Übung am Modell ein durch Studien belegter, statistisch signifikanter Wissenszuwachs und eine nachhaltig kritische Auseinandersetzung mit dem Thema Schwangerschaftsabbruch erzielt werden.
Die praktische Durchführung demonstriert auch, dass der Eingriff relativ klein und einfach durchzuführen ist; manche Studierende kommen mit ganz anderen Vorstellungen in unsere Workshops.

Eine Antwort auf unseren Fragebögen zu der Frage, ob man sich jetzt sicherer mit dem Thema fühle: “Ja, zumindest in Bezug auf die praktischen Methoden. Ich habe mir das Ganze auch viel schwieriger vorgestellt und habe jetzt das Gefühl, dass diesen Eingriff auch mehr Ärzte machen könnten.” Die Studierenden nehmen in ihrer Freizeit an unseren Workshops Teil. Neben der theoretischen Wissensvermittlung ist daher gerade die praktische Herangehensweise bei einem überwiegend theorielastigem Medizinstudium für Studierende attraktiv.

Die Papaya bietet zudem die Möglichkeit,  über das praktische Tun niederschwellig mit den Gynäkologinnen in einen persönlichen Kontakt und Wissensaustausch zu treten. Außerdem baut das Anfassen der Instrumente und das konkrete Durchspielen des Eingriffes etwaige Tabus nochmal besser ab, als wenn dies nur theoretisch besprochen wird. Eine Studentin schrieb in unserem Fragebogen auf die oben genannte Frage: “Für mich hat der Workshop u.a. den Eingriff Schwangerschaftsabbruch ein Stück weit enttabuisiert. Dadurch, dass das offen zur Sprache gebracht wird und man sogar die Instrumente in der Hand halten durfte, wird das so ein bisschen aus der “Schmuddelecke” herausgeholt.” 

Warum ausgrechnet eine Papaya, ist das nicht etwas albern?

Die Papaya eignet sich als Modell für die Lehre operativer Schwangerschaftsabbrüche, weil sie in ihrer Form und Größe einem Uterus ähnelt. Außerdem hat sie einen Stiel analog eines Cervix und ihre innere Textur ähnelt dem Endometrium. Es gibt unseres Wissens nach keine für unsere Zwecke geeigneten Modelle, welche wie die Papayas mit ihrem Fruchtfleisch in ihrer Empfindlich- und Verletzlichkeit einem Uterus ähneln. Modelle aus Plastik oder Silikon spiegeln das nicht entsprechend wieder. Außerdem wird dank des Fruchtfleisches bzw. der Kerne Aufschluss darüber gewonnen, ob die Anwendung der Instrumente korrekt war. Auch dies ist mit den derzeit verfügbaren Modellen nicht möglich.