Hier ein wirklich fantastischer Podcast von Gaby Mayr zum Thema § 219a für Deutschlandfunk Kultur – Anhören lohnt sich! → Hier geht’s zum Podcast.
Im Folgenden ein Auszug über einen von zwei Männern, die „hobbymäßig“ (!) Anzeigen gegen Ärzt*innen stellen und damit versuchen jährlich hunderttausenden Menschen mit Uterus das Recht auf unabhängige und sachliche Informationen abzusprechen.
Markus Krause. Er hat Nora Szász und ihre Kollegin angezeigt.
‚Ich mach das Ganze jetzt seit gut drei Jahren. Ich habe, so würde ich mal schätzen, 60, 70 Anzeigen erstattet. Das ist halt so mein Hobby.‘
[…]
Ich bin verabredet mit dem Mann aus Kleve, der in ganz Deutschland Ärztinnen und Ärzte wegen Verstoßes gegen Paragraph 219a anzeigt. Per Mail haben wir vereinbart, dass wir uns an einer Kreuzung in einer Einfamilienhaus-Siedlung treffen. Als ich komme, wartet dort bereits ein junger Mann – etwas massig, dunkle unauffällige Kleidung, Brille. Er steigt in meinen Wagen – das Interview soll im Auto stattfinden. Wir fahren in eine Parkbucht. Seinen richtigen Namen möchte der junge Mann nicht im Radio hören.‚Es geht ja hier um die Erstattung von Strafanzeigen gemäß Paragraph 219a, und leider gibt es einige gewaltbereite linke Abtreibungsbefürworter, und davor möchte ich mich schützen.‘
Der Anzeigeerstatter nennt sich Markus Krause.
‚Ich bin 27, ich habe hier Abitur gemacht, in Kleve, und habe danach Mathematik studiert, mache ich auch noch. Ich arbeite derzeit an meiner Abschlussarbeit. Das sind eher theoretische Gebiete der Mathematik, wo ich forsche, die nicht direkt anwendbar sind. Also ich würde, wenn es geht, gerne an der Uni bleiben, dort übernommen werden als Dozent, als Fachkraft, das würde mir sehr gut gefallen.‘
Das Thema Schwangerschaftsabbruch interessiert Markus Krause seit seiner Schulzeit.
‚Das ist auf jeden Fall meine Leidenschaft, das menschliche Leben zu schützen, ja.‘Wo immer Eizelle und Spermium zusammenkommen, will Markus Krause „schützen“.
‚Es gibt ja auch zum Beispiel Fälle, dass sich die befruchtete Eizelle statt in der Gebärmutter in den Eierstöcken einnistet. Die Eizelle ist zu diesem Zeitpunkt ja befruchtet, ist also bereits zu dem Zeitpunkt als Mensch zu sehen. Ist nach Möglichkeit zu schützen.‘
Eine Eileiterschwangerschaft ist für die Frau, wenn sie nicht rechtzeitig entfernt wird, lebensbedrohlich.
‚Und da bin ich natürlich auch irgendwann auf den Paragraphen 219a gestoßen: Ob das umgesetzt wird. Ob sich daran Ärzte auch halten. Und habe dann festgestellt, dass das vielfach nicht so ist. Der Gesetzgeber möchte hier, dass die Frauen diese Informationen, wo sie ihren Schwangerschaftsabbruch vornehmen können, ausschließlich von den gesetzlich anerkannten Beratungsstellen haben. Denn die sind zur Neutralität verpflichtet. Sie haben auch keinen finanziellen Vorteil, ob die Frau jetzt abtreibt oder nicht, dadurch verdienen sie nichts.
Anders wäre es ja bei den Praxisärzten, die natürlich ein finanzielles Interesse daran haben könnten, wenn eine schwangere Frau, die überlegt: Soll ich abtreiben oder nicht, dann tatsächlich sich entscheidet abzutreiben.‘
[…]
Während des ganzen, über einstündigen Interviews versuche ich, das Gespräch auf eine persönliche, emotionalere Ebene zu lenken: Weiß Markus Krause, wie es ungewollt schwangeren Frauen geht? Hat er mit Frauen gesprochen? Nein. Im Gegenteil.
„Die Tatsache, dass ich ein Mann bin und keine Frau, also nicht selber schwanger werden kann – ich kann deshalb auch nicht so voreingenommen sein. Sondern auch objektiv damit umgehen.“
Ein anderer Gedanke: Hatte Markus Krause vielleicht eine Erfahrung im Zusammenhang mit einem Abbruch, die ihm besonders nahe ging? Er hatte mir erzählt, dass er seit zwei Jahren eine Freundin hat.
„Wir wollen Kinder haben, aber eben erst, wenn wir unsere Ausbildung fertig haben.“
„Und da sorgen, wenn Sie mir die Frage gestatten, beide sorgen dafür, dass keine ungewollte Schwangerschaft entsteht?“„Wir wollen bis zur Ehe enthaltsam leben, bislang, deshalb stellt sich diese Frage jetzt nicht, ja.“