Das Kulturradio vom RBB hat einen Beitrag über unseren Papaya-Workshop gesendet. Vielen Dank an Vanessa Loewel für ihr Interesse an unserer Arbeit. Den Beitrag könnt ihr euch hier anhören:
Kategorie: Papaya-Workshop
Ein Bericht über unseren Papaya-Workshop
Ein Bericht über unseren letzten Papaya-Workshop von Dinah Riese (taz, 11. Mai 2018):
Die Methoden des Schwangerschaftsabbruchs sind kein Bestandteil des Medizinstudiums an der Charité – Europas größter Uniklinik. Und so üben die angehenden Mediziner*innen den Eingriff in ihrer Freizeit statt in einer Pflichtveranstaltung. An selbst mitgebrachtem Obst und unter der ehrenamtlichen Anleitung erfahrener niedergelassener Ärztinnen. „Lernt, was die Uni euch nicht lehrt“, steht auf den Plakaten, die den Weg in den Seminarraum weisen. Einen Leistungsnachweis erwartet hier niemand.
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Bevor die Studierenden tatsächlich loslegen, erhalten sie einen Crashkurs in der Anatomie des kleinen Beckens – also jenes Teils des Beckens, der Uterus, Eileiter und Eierstöcke beziehungsweise die Prostata beinhaltet – und über die verschiedenen Methoden und Risiken bei Schwangerschaftsabbrüchen.
Es ist bereits das vierte Mal, dass der Workshop in den Räumen der Charité stattfindet. Organisiert hat ihn die Gruppe Medical Students for Choice, die sich für reproduktive Rechte und gegen die strafrechtliche Regelung von Schwangerschaftsabbrüchen einsetzt. „Wir wollen, dass jede und jeder im Studium sich mindestens einmal grundlegend mit Schwangerschaftsabbrüchen auseinandersetzt und sich eine eigene Meinung dazu bildet“, sagt Alicia Baier. Die Medizinstudentin im neunten Semester hat die blonden Haare zu einem Knoten zusammengebunden, ihr Blick erfasst den ganzen Raum, kontrolliert, ob alles läuft, wie es soll.
Baier hat die Medical Students for Choice Ende 2015 mit gegründet. Jetzt steht sie mit zwei anderen Mitgliedern der Gruppe vor den Studierenden, die sich konzentriert über ihr Obst beugen. Alle drei tragen T-Shirts, auf denen ein stilisierter Uterus seine Eierstöcke in Siegerpose in die Höhe reckt. „Es gibt ein einziges Seminar, in dem der Schwangerschaftsabbruch thematisiert wird“, sagt Baier. Das ist im neunten Semester, und eigentlich geht es um Pränataldiagnostik – also Untersuchungen am Fötus, die unter anderem der Früherkennung von Fehlbildungen oder möglichen Krankheiten oder Beeinträchtigungen dienen. Eine „ungute Verbindung“ nennt sie diese Konstruktion im Curriculum – denn sie suggeriere, dass Behinderung und Abtreibung natürlicherweise zusammengehörten.
Und auch sonst hält Baier diese Lösung für schlicht nicht ausreichend: „Den Lernzielen zufolge sollen wir in diesen 90 Minuten etwas über die Indikationen und Verfahren der Pränataldiagnostik lernen“, sagt Baier. „In den letzten zehn Minuten des Seminars soll es dann um Schwangerschaftsabbrüche gehen, allerdings bloß um deren rechtliche und ethische Aspekte.“ Und selbst dieser Teil falle aus Zeitgründen oft hinten runter, sagt Baier. „Um die Methoden geht es gar nicht.“
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„Eine staatliche Universität kann ja schlecht verpflichtet werden, eine Straftat zu unterrichten“, sagt die Ärztin Gabriele Halder mit einem bitteren Lächeln. Insgesamt werde der Schwangerschaftsabbruch in Deutschland extrem stiefmütterlich behandelt, auch in der Forschung und in der Weiterbildung. Und so spiele er auch an den Universitäten eine marginale Rolle. „Ob eine angehende Gynäkologin dann in der Facharztausbildung mit dem Eingriff in Kontakt kommt, hängt sehr von der Klinik ab, an die sie kommt.“
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Alicia Baier steht am Rand und beobachtet die Handgriffe ihrer Kommiliton*innen aufmerksam. „Die größte Gefahr ist das Nichtwissen“, sagt sie. „Viele denken, es läuft ja irgendwie, die Versorgung ist ja da. Und wenn es ihnen nicht mal in der Ausbildung begegnet, sehen sie auch keinen Grund, sich mit Schwangerschaftsabbrüchen zu beschäftigen.“ Das hat Folgen: Eine Recherche der taz hat gezeigt, dass immer weniger Ärztinnen und Ärzte bereit sind, Schwangerschaftsabbrüche durchzuführen. Die Älteren hören nach und nach auf, und es fehlen junge Mediziner*innen, die in deren Fußstapfen treten.
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Das liegt zum einen am Stigma, das dem Schwangerschaftsabbruch immer noch anhaftet – zum anderen daran, dass er in der Ausbildung maximal einen Randaspekt darstellt, glaubt Baier. Sie selbst und die Medical Students for Choice wollen das ändern […].
How the Papaya Workshop came into being
Some of you have already heard a lot about our Papaya-Workshop, where we try to help our fellow-students learn what the Charité doesn’t teach us. Or some of you may have already taken part in one of them.
But how did the Papaya Workshop come into being?
You can find the answer and many other interesting aspects about our work in this article by Nancy Isenson for Deutsche Welle.
In Berlin, Alicia Baier says, abortion doesn’t come up until nearly the end of one’s studies, in the ninth of 12 semesters, and then only in a seminar on prenatal diagnostics.
„Terminating a pregnancy is spoken of within 10 minutes, if you’re lucky,“ she says. „Fellow students have said it didn’t come up at all, because time ran out.“ But the future doctors are expected to be able to discuss the legal and ethical aspects of abortion as well as be aware of the „psychological burden in the societal context.“ Although every woman does not feel burdened, she adds.
In late 2015 Baier began considering starting a group to tackle the deficiency she saw in medical schools. „When I brought it up with fellow students, I often heard: ‚I don’t really know that much about the topic to be able to discuss it, but I don’t have the impression it’s a problem in Germany. Everything is surely well organized.'“
Those attitudes, which she considered dangerous, helped steel her resolve. „Those who become gynecologists will decide for themselves whether they perform terminations,“ she says, „and if they don’t come into contact with it in their studies, don’t have the feeling it is an issue, then they will possibly be more likely to say later: ‚I won’t offer abortions.'“
Papaya workshops
Baier and the other students who now make up Medical Students for Choice at the Charité want medical schools to teach prospective doctors to carry out abortions and for the taboo that surrounds choosing to end a pregnancy to be eliminated.
Papayas are one of their tools.In hands-on workshops organized by MSfC, gynecologists help med students do abortions on the ersatz uteruses. They practice one of the two most common forms of terminating a pregnancy, vacuum aspiration, using suction to remove the fruits‘ seeds.
„The workshop makes clear that it isn’t an extreme operation, but rather a relatively small and uncomplicated 10-minute intervention,“ Baier says. But there’s another, perhaps more important point to the exercise, she says: „It offers a platform for the students to talk with gynecologists who do abortions themselves.“
Unfortunately though, it is mainly a platform for women at the moment. Few men have been involved with MSfC so far, Baier says. But that is something she would also like to see change. „Men are very welcome.“